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Social Media Recruiting: PATENTREZEPT GEGEN DEN FACHKRÄFTEMANGEL?

Nachwuchskräfte über die sozialen Medien finden

Immer mehr Unternehmen versuchen, Arbeits- und Ausbildungsplätze über die Personalsuche in sozialen Netzwerken zu besetzen. Social Media Recruiting geht aber weit über das Posten von Stellenanzeigen bei Facebook hinaus. Wichtig ist dabei zu weissen, wen man auf welcher Plattform findet, was sie gemeinsam haben und was sie unterscheidet.

   

Der Fachkräftemangel bestimmt die Baubranche aktuell geradezu übermächtig. Trotz voller Auftragsbücher können Aufträge nicht angenommen oder zeitnah erledigt werden, da es am Personal fehlt. Und dabei stehen immer mehr offenen Stellen immer weniger Bewerber gegenüber. Das belegen auch die Zahlen des KfW-Mittelstandspanels: 77 Prozent der Unternehmen nennen den „Bewerbermangel im Berufsbild“ als Hauptgrund für die schwierige Fachkräfte-Suche.

Damit wird das Recruiting vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Jobsuchende können sich den für sie passenden Arbeitgeber quasi frei aussuchen und nicht umgekehrt, wie in der Vergangenheit.

Zusätzlich spitzt sich die Situation durch die veränderte Mediennutzung, insbesondere der jüngeren Arbeitnehmer zu. Die klassische Stellenanzeige gerät immer mehr ins Hintertreffen, wenn es darum geht, geeignete Talente an Bord zu holen.

Auf diesen Paradigmenwechsel im Recruitingprozess ist Social Media Recruiting die konsequente Antwort. Denn für die erfolgreiche Besetzung von Stellen wird es immer wichtiger, auch diejenigen Fachkräfte zu erreichen, die nicht aktiv auf Job-Suche sind.

Wer aber bei Social Media Recruiting an das Posten von Stellenanzeigen in Facebook denkt, greift mit seinem Ansatz zu kurz.

Gleich vorneweg: gesicherte Erfolge wird derjenige erzielen, der das Thema mit einer durchdachten Social Media Strategie und einem gut geplanten und konsequent umgesetzten Themenplan angeht. Denn jeder Kanal hat seine individuelle Zielgruppe und folgt eigenen Spielregeln und Gesetzmäßigkeiten, die es im Rahmen der Recruiting-Aktivitäten zu berücksichtigen gilt.

 

Erste Frage die sich stellt ist, welche Social Media Kanäle bespielt werden sollen. Sprich in welchen Medien und Kanälen sind Fach- und Führungskräfte unterwegs, wenn sie auf Jobsuche sind? 

Studienergebnisse belegen, dass hier an erster Stelle Facebook, Xing, LinkedIn, Instagram und Arbeitgeberbewertungsplattformen wie Kununu genutzt werden. Vor allem Instagram hat in letzter Zeit stark an Bedeutung gewonnen. 

Und die zweite Frage: Lassen sich alle Stellen gleich über diese Kanäle besetzen, oder gibt es hier Unterschiede?

Wechselwillige auf Xing und LinkedIn

Die von Personalern am meisten genutzten Kontaktplattformen sind LinkedIn und Xing. Beides sind vor allem im Geschäftsbereich etablierte soziale Netzwerke. Doch sie weisen feine Unterschiede auf. Xing beispielweise richtet sich speziell an Arbeitnehmer und Selbstständige in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Über den Talentmanager des Netzwerkes können Stellenanzeigen hochgeladen werden. Diese werden dann mit verschiedenen Eckdaten der gespeicherten Profile abgeglichen und qualifizierten Kandidaten vorgeschlagen. LinkedIn funktioniert vergleichbar, ist jedoch in der Reichweite internationaler aufgestellt und hier stehen speziell Fachkräfte aus der IT- und Telekommunikationsbranche, der Industrie und dem Finanzbereich im Fokus. Die Baubranche verzeichnete in den letzten Jahren ebenfalls steigendes Gewicht, allerdings mehr im höher qualifizierten Segment. Vergleicht man die Anzahl der enthaltenen Nutzerprofile hat Xing mit über 14 Millionen die Nase in Deutschland noch vorn, LinkedIn holt jedoch stark auf. Nicht antreffen wird man auf diesen Plattformen ganz junge Publikum. Ausbildungsplätze lassen sich hierüber also eher nicht besetzen.

Neben den bereits genannten Stellenanzeigen können sich Unternehmen auf den Plattformen mit eigenen Unternehmensseiten präsentieren. Zudem können Personaler über aktives Sourcing potenzielle Kandidaten direkt ansprechen.

Kununu - Informelle für Arbeitnehmer

Bei Kununu handelt sich um die führende Bewertungsplattform für Arbeitgeber im deutschsprachigen Raum. Arbeitnehmer, die auf interessante Stellenangebote gestoßen sind, informieren sich darin über den potenziellen neuen Arbeitgeber anhand von Bewertungen durch ehemalige Mitarbeiter und Bewerber. Zwar müssen zumeist einige der Bewertungen relativiert werden, weil sie von ehemaligen Mitarbeitern bewusst polarisierend getroffen wurden. Eine Grundtendenz aber, wie es im Unternehmen um Softfacts wie Betriebsklima, Umgang mit Mitarbeitern, Kommunikation etc. bestellt ist, ist durchaus erkennbar. Es ist somit eine gute Informationsquelle für Kandidaten fernab von Hochglanzbroschüren und Imagevideos. Unternehmen sollten die Plattform nutzen, um sich mit einem eigenen Profil als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und die eigenen Stärken und Vorteile aktiv zu kommunizieren.

Die Gefahr von schlechten Bewertungen muss man nicht scheuen. Sie geben vielmehr Hinweise für die Sorgen und Problemen der Mitarbeiter und sollten genutzt werden, um darauf aufbauend Reputationsmanagement in eigener Sache und den Aufbau einer Arbeitgebermarke zu betreiben. Eine zeitnahe und professionelle Reaktion ist aber essentiell.

Ein dritter, nicht zu vernachlässigender Vorteil von kununu ist das Google-Ranking. Die Erfahrung zeigt, dass gerade Jobs von kleinen und mittleren Unternehmen, die dort als Arbeitgeber ein Profil mit offenen Stellen einstellen, über Google deutlich besser gefunden werden, als über die eigene Webseite. Einegute Reputation auf kununu ist also unbedingt erstrebenswert. 

Nachwuchs auf Instagram

Überwiegend privat genutzte Plattformen sind Facebook und Instagram. Während Facebook für viele Unternehmen bereits zum Standard-Repertoire im Marketing-Mix gehört, ist Instagram für viele Personal-Verantwortliche noch Neuland. Aber gerade wenn es um den jüngeren Nachwuchs geht, kommt man daran kaum mehr vorbei. Auf Facebook sind nämlich überspitzt ausgedrückt nur noch deren Eltern und Großeltern anzutreffen, wie aktuelle Nutzerzahlen belegen.

Instagram legt den Schwerpunkt mehr auf Videos und Photos, erläuternder Text ist eher Beiwerk. Wohingegen bei Facebook das Vernetzen und der Austausch von Neuigkeit im Vordergrund steht. Hier werden die Texte um aussagekräftige Bilder und Videos ergänzt, um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen.

In Sachen Nutzerzahlen hat Facebook mit 2 Milliarden Nutzern monatlich die Nase vorn. Instagram ist aber, wie schon gesagt, stark am Aufholen. Die letzten veröffentlichten Zahlen weisen ca. 1 Mrd. monatliche Nutzer weltweit aus. In Deutschland sind es ca. 15 Mio. Nutzer monatlich.

Beim Aktiv Sourcing sollte man auf beiden Kanälen äußerst behutsam vorgehen. Die Netzwerke sind nämlich in erster Linie privat. Das bedeutet im Umkehrschluss für Recruiter, potenziell interessante Kandidaten anzusprechen und auf offene Stellen im Unternehmen hinweisen ist komplett tabu. Die individuelle Privatsphäre und allgemeine Datenschutzregelungen ziehen hier enge Grenzen, die einzuhalten sind. 

Um Instagram oder Facebook dennoch zu einem Recruiting-Kanal zu machen, können potenzielle Talente auch sehr viel allgemeiner angesprochen werden und offene Stellen zum Beispiel über entsprechende Postings beworben werden. 

Beide Netzwerke sind sehr visuell ausgerichtet. Instagram noch stärker als Facebook, aber auch hier sind die Nutzer inzwischen sehr verwöhnt. Sie bevorzugen eine ästhetische Bildsprache und eine kreative Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen. Storytelling ist beispielsweise ein Ansatz, der sich in letzter Zeit bewährt hat und auch Recruitern zahlreiche Möglichkeiten bietet.

Arbeitgeber-Selbstdarstellung mit angemessenem Inhalt

In einer Video-Reihe (oder in den Instagram Stories) könnten beispielsweise die verschiedenen Berufsbilder im Unternehmen vorgestellt werden. Um dies möglichst authentisch zu gestalten, sollten die Mitarbeiter selbst zu Wort kommen und die Möglichkeit erhalten, den Followern einen Einblick in deren beruflichen Alltag zu gewähren. Interessant sein können aber auch die Büroräume, Neuerungen im Maschinenpark, aktuelle Bauprojekte, das Essen in der Kantine, Maßnahmen für das betriebliche Gesundheitsmanagement, der Bürohund, etc. Also eigentlich alles, was das Unternehmen erlebbar macht und gleichzeitig als attraktiven Arbeitgeber präsentiert. Wobei immer auf Authentizität zu achten ist.

Ein guter Content-Mixaus Stories, Videos und Fotos ist ebenfalls entscheidend. Dabei sollten Posts soweit möglich im Corporate Design des Unternehmens veröffentlicht werden. Das stärkt den Wiedererkennungswert sowie die Wahrnehmung des Unternehmens als Marke.

Eigene Formate, wie etwa spezielle Tipps des Tages, „Drei Fragen an...“ oder ähnliches, die in regelmäßigen Abständen geteilt werden, sorgen für eine individuelle Note und machen den Auftritt unverwechselbar.

Unternehmenswerte lassen sich über die zusätzlichen Textpassagen gut kommunizieren. Auf Phrasen und Worthülsen sollte aber unbedingt verzichtet werden. Das straft die Community ab.

Werden Posts kommentiert, ist zeitnah darauf zu reagieren. Ein Like, ein Dankeschön oder eine kurze Rückantwort signalisieren Nähe und Interesse, und werden auch erwartet.

Erfahrungsgemäß lassen sich über diese privaten Plattformen sehr gut Positionen besetzen, die kreative und kommunikativ starke Persönlichkeiten erfordern. Denn diese Rollen werden in der Regel von Menschen angenommen, die eine höhere Affinität zu Social Media im Allgemeinen haben.  Strategen sind hingegen eher weniger über soziale Netzwerke zu finden.

Was aber über alle sozialen Netzwerke gut funktioniert, egal ob privat genutzt wie Facebook und Instagram oder mit mehr beruflichem Bezug wie LinkedIn oder Xing ist das Recruiting über die eigenen Mitarbeiter. Teilen diese eine ausgeschriebene Stelle, ergibt sich daraus oftmals ein guter Kreis an potenziellen neuen Kandidaten. Und das gute Image des Unternehmens ist gleich mit transportiert.

Diesen Artikel hat unsere Geschäftsführerin Andrea Bäring exklusiv für das BI baumagazin verfasst. 

Den Artikel als PDF zum Download finden Sie hier:

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Social Media Recruiting: Patentrezept gegen den Fachkräftemangel?
Autorin: Andrea Bäring, Geschäftsführerin Baering & Co. Communication UG
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